Archiv und Identität
Welche Kraft, Aussage und künstlerische Optionen bieten Werke aus länger zurückliegender Zeit für eine erneute Bearbeitung und Rezeption? Am heutigen Abend spricht Sonia Voss, freischaffende Kuratorin, mit Künstlerin Tina Bara über deren Schaffen aus der Zeit der DDR. Wie ist das Werk entstanden und welche Bedeutung hat es in der heutigen Zeit? Ausgangspunkt des Gesprächs ist Baras Film Lange Weile in dem sie zu Bildern aus der Zeit über ihre Vergangenheit und den Umgang mit den Bildern reflektiert. Wir freuen uns sehr, den Film zu Beginn der Veranstaltung aufführen zu können.
(Tina Bara im TALK, Foto: Uwe von Loh)
Das Fotobuch Lange Weile von Tina Bara enthält eine Auswahl von 400 Schwarz-Weiß-Fotografien, die Tina Bara zwischen 1983 und 1989 in Ost-Berlin, in der weiteren DDR und auf Reisen aufgenommen hat. In Kombination mit Texten in Form von Untertiteln entstand aus diesem Künstlerbuch ein persönlicher Fotofilm, der viele grundsätzliche Fragen zum Verhältnis von Künstler:innen und Werk, sowie Fotografie, Identität, Gesellschaft und Zeitgeschichte berührt.
Aus heutiger Sicht erzählt Tina Bara in Buch und Film vom Beginn ihrer künstlerischen und fotografischen Karriere, verbunden mit einer weiblichen Identitätssuche und einem subversiven, melancholischen Aufstand gegen das diktatorische System der DDR. Das Bildmaterial schafft zusammen mit den darüber gelegten Erinnerungen einen intimen Kosmos, der aus einer Entfernung von etwa 30 Jahren die Atmosphäre und Stimmung eines Landes und einer Gesellschaft re-imaginiert, die es so heute nicht mehr gibt. Die Suche zwischen Erwachen, Zweifel und Selbsterforschung, zwischen politischen Strukturen und persönlichem Lebens- und Kunstwillen kann, ebenso wie die Reflexionen über die Rolle der Fotografie in diesem Prozess, allgemein gelesen werden.
TALK
Im FOTOTREFF TALK über das Archiv einer Künstlerin unterhält sich Sonia Voss, freischaffende Kuratorin, mit Künstlerin Tina Bara über Baras Schaffen zur Zeit der DDR. Wie ist das Werk entstanden und welche Bedeutung hat es in der heutigen Zeit? Der Film Lange Weile ist der Ausgangspunkt des Gesprächs zwischen Künstler und Kurator.
*1962 in Kleinmachnow bei Berlin (DDR)
1980 Umzug nach Berlin
seit 1993 eine Professur für Fotografie an der HGB Leipzig
Tina Bara
Tina Bara (*1962, Kleinmachnow) ist eine deutsche Fotografin, die ihre Karriere in der Deutschen Demokratischen Republik begann. Vor der Wiedervereinigung stand sie in Kontakt mit der Friedensbewegung in der Deutschen Demokratischen Republik. 1980 zog sie nach Berlin und besuchte von 1980 bis 1986 die Humboldt-Universität zu Berlin, wo sie Geschichte und Kunstgeschichte studierte. Als Studentin stand sie in Kontakt mit politischen Oppositionsgruppen, darunter Frauen für den Frieden. 1986 trat sie als freie Fotografin in die DDR-Liga der Bildkünstler ein. 1991 erhielt sie ihr Diplom bei dem Fotografen Arno Fischer der Leipziger Akademie der Bildenden Künste, wo sie seit 1993 eine Professur für Fotografie inne hat.
*1978 in Paris
lebt als Kuratorin in Paris und Berlin.
zuletzt: Restless Bodies. Ostdeutsche Fotografie 1980-89 bei den Rencontres de la Photographie, Arles (2019)
Sonia Voss
Sonia Voss (*1978, Paris) lebt als Kuratorin in Paris und Berlin. Zu ihren jüngsten Ausstellungen gehören:
Restless Bodies. Ostdeutsche Fotografie 1980-89 bei den Rencontres de la Photographie, Arles (2019); Alfred Ehrhardt. Die Formen der Natur beim Kyotographie Festival, Kyoto (2019); Sophie Calle, Serena Carone. Beau Doublé, Monsieur le Marquis! im Musée de la Chasse und de la Nature, Paris (2017-2018); Anton Roland Laub. Mobile Churches, Paris, Berlin, Arles, Bukarest (2017-2019); George Shiras. L’Intérieur de la Nuit im Musée de la Chasse und de la Nature (2015-2016). Sie arbeitete 2017 mit Xavier Barral an der Josef Koudelka-Ausstellung im C/O Berlin zusammen und gab Veröffentlichungen für Éditions Xavier Barral, Koenig Books, Filigranes und den Kehrer Verlag heraus.
BOOK SLOT
Im letzten Teil des Abends stellt Lukazs Rusznica sein Fotobuch Subterranean River (2018) vor.
Hört hier nochmal das Gespräch von Sonia und Tina in Podcast:
